Mittwoch, 4. August 2021

2363 Beziehunganzeigendes Fürwort

 

Der stille Vormittag um neun Uhr. Es ist so still, dass sogar der Grimming von der Ecke beim Bücherregal herüberleuchtet – dort muß es so fünf Uhr früh sein.

Jetzt kommen schon die Tageskinder vom Augarten, also muß es mindestens halb zehn sein. Die Katze auf meinem Schreibtisch schaut aus dem Fenster; durchs Stiegenhaus hallt das fröhliche Geplapper unserer Gastkinder. („Unsere“ Tageskinder zu sagen steht mir eigentlich nicht zu, aber in diesem Fall ist das kein besitzanzeigendes, sondern ein beziehungsanzeigendes Fürwort – obwohl mir das eigentlich auch nicht zusteht.)

Ich schaue – weil es halt gerade „zufällig“ mir und meinem Bett gegenüber auf der gegenüberliegenden Wand steht – auf mein Bücherregal; nicht ohne Stolz, was mir eigentlich auch nicht zusteht, denn meine Bücherwand – im Moment empfinde ich es deutlich – ist auch bloß eine Inszenierung (in meiner Generation konnte man seinerzeit mit einem Buch unterm Arm die Frauen beeindrucken): ich habe fast alles vergessen, was ich an Büchern … weniger gelesen als unverdaut verschlungen habe. Ich bin kein echter Bücher- oder gar Erstausgabenliebhaber. Nein. Ich mache mir jedoch deswegen keine Vorwürfe; ich weiß, was ich Büchern zu verdanken habe, und diese Bücherwand-Inszenierung hier beschützt und stützt mich, respektive mein Ego, respektive meinen kleinen Sinnhorizont. Damit halte ich meine Welt aufrecht.

Einen Stock tiefer ist das Kinderleben in vollem Gange und ich werde mich noch ein wenig zum Schlaf ausstrecken.

 

(4.8.2021)

 

©Peter Alois Rumpf   August 2021   peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite