2363 Beziehunganzeigendes Fürwort
Der stille Vormittag um neun Uhr. Es ist so still, dass
sogar der Grimming von der Ecke beim Bücherregal herüberleuchtet – dort muß es
so fünf Uhr früh sein.
Jetzt kommen schon die Tageskinder vom Augarten, also muß es
mindestens halb zehn sein. Die Katze auf meinem Schreibtisch schaut aus dem
Fenster; durchs Stiegenhaus hallt das fröhliche Geplapper unserer Gastkinder.
(„Unsere“ Tageskinder zu sagen steht mir eigentlich nicht zu, aber in diesem
Fall ist das kein besitzanzeigendes, sondern ein beziehungsanzeigendes Fürwort
– obwohl mir das eigentlich auch nicht zusteht.)
Ich schaue – weil es halt gerade „zufällig“ mir und meinem
Bett gegenüber auf der gegenüberliegenden Wand steht – auf mein Bücherregal;
nicht ohne Stolz, was mir eigentlich auch nicht zusteht, denn meine Bücherwand
– im Moment empfinde ich es deutlich – ist auch bloß eine Inszenierung (in
meiner Generation konnte man seinerzeit mit einem Buch unterm Arm die Frauen
beeindrucken): ich habe fast alles vergessen, was ich an Büchern … weniger
gelesen als unverdaut verschlungen habe. Ich bin kein echter Bücher- oder gar
Erstausgabenliebhaber. Nein. Ich mache mir jedoch deswegen keine Vorwürfe; ich
weiß, was ich Büchern zu verdanken habe, und diese Bücherwand-Inszenierung hier
beschützt und stützt mich, respektive mein Ego, respektive meinen kleinen
Sinnhorizont. Damit halte ich meine Welt aufrecht.
Einen Stock tiefer ist das Kinderleben in vollem Gange und
ich werde mich noch ein wenig zum Schlaf ausstrecken.
(4.8.2021)
©Peter
Alois Rumpf August 2021 peteraloisrumpf@gmail.com
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