Mittwoch, 14. Juli 2021

2327 Autos

 

Während Spinnen ihre Fäden über den Fluß werfen, lösen sich die Wolken auf und bilden dünne Streifen. Habichte kreisen hoch am Himmel auf der Suche nach letzem Getier und schwachen Menschen, und ich starre in das Blätterdach eines Obstbaumes – fragt mich nicht welcher. Ein Apfelbaum, wie ich vermutet aber nicht zu behaupten wagte und jetzt feststellen kann; aber fragt mich nicht welche Sorte. Am Horizont hinter mir bewegt sich die gemeinsame Kontur sämtlicher Bäume gegen das Nachmittagslicht wie die eines einzigen, lebendigen, robbenden Wesens, wie ein gigantischer Wurm, der sich windet und raupenartig vorwärts kriecht.

Nervtötend die ständige Autofahrerei in meinem Rücken. Ein Fisch schnappt nach einem Insekt. Motorrad – eher niedrigtourig; legt erst in der Ferne zu. Hinter der Bretterwand fährt ein Auto nach dem andern vorbei. Zu nahe, zu deutlich, zu detailliert, um es als falsches Waldesrauschen umdeuten zu können. Motorrad, eher niedrigtourig; legt erst in der Ferne zu. Und gleich wieder fünf Autos. Frust und Zorn wollen in mir hochsteigen, aber von rechts, etwas weiter entfernt, blinzelt mir eine Birke freundschaftlich zu. Das nächste Motorrad dröhnt in den Ohren und drückt mir beinah das Trommelfell ein. Vier Autos. Fünf. Die Wolken verziehen sich. Ein Traktor gehört fast schon zur falschen ländlichen Idylle. Die Autos will ich nicht mehr zählen. Die Kirchturmuhr schlägt, aber der Motorlärm ist so groß, dass ich die Schläge nicht zählen kann. Ich weiß, das ist euch wurscht, aber mir nicht. Jetzt blinzelt die Birke wieder, bevor ich noch „Autos: die schrecklichste Erfindung der Menschheit“ herschreibe. Ich gehe wieder in die Sonne.

 

(12.7.2021)

 

©Peter Alois Rumpf   Juli 2021   peteraloisrumpf@gmail.com

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