Samstag, 1. Mai 2021

2217 Von unten herauf

 

Ich komme von unten herauf, bin munter und ausgeschlafen, aber sobald ich mein Zimmer betrete, fällt mir nichts anderes mehr ein, als mich ins Bett zu legen. Ich stelle fest, dass meine Lesebrille tagsüber bei – indirektem – Sonnenlicht anders arbeitet denn des Nachts.

„Heraus zum 1. Mai!“ gilt nicht für mich, schon vor der Ausgangssperre. Dieser Tonfall entspricht nicht meinem depressiven Charakter, dem so auffordernd optimistoide Ansagen zuwider sind. „Erhebet die Herzen!“ gefällt mir schon besser, die Aufforderung geht wenigstens in die richtige Richtung.

Musik hören? Nein, keine Lust. Ich höre lieber die Waschmaschine unten, die ich gerade in Betrieb gesetzt habe, rotieren. Was mich wieder aus dem Bett locken könnte, wäre das Internet. Weil ich mein Laptop nie mit ins Bett nehme. Im Bett ist schlafen, träumen, schauen, lauschen, schreiben, lesen erlaubt. Aufgewühltes Surren, fast wie im Fieber.

Ein Fiaker fährt aus meinem Traumbild. Ich betrachte seit langem wieder meine Tiroler Landschaft.

Die Dialoge meiner Traumgestalten kann ich überhaupt nicht mehr nachvollziehen. Ich muß innerlich lachen, weil mich plötzlich die Einsamkeit der katholischen Priester rührt, denen ja doch oft das Herz abgesackt ist und die dann als verschrobene Gestalten leben, oder als bigotte Fanatiker, oder als hüstelnde Ästhetisierer. Himmelherrgottnocheinmal! Als eine Karikatur seiner selbst herumzurennen, das geht mich doch schon längst nichts mehr an! Bevor ich völlig verblödel wäre es besser aufzustehen. Ich werde mich vom Bett zum Laptop flüchten. Sonst schlafe ich noch bis Allerheiligen durch!

 

(1.5.2021)

 

©Peter Alois Rumpf   Mai 2021   peteraloisrumpf@gmail.com

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