2217 Von unten herauf
Ich komme von unten herauf, bin munter und ausgeschlafen,
aber sobald ich mein Zimmer betrete, fällt mir nichts anderes mehr ein, als
mich ins Bett zu legen. Ich stelle fest, dass meine Lesebrille tagsüber bei –
indirektem – Sonnenlicht anders arbeitet denn des Nachts.
„Heraus zum 1. Mai!“ gilt nicht für mich, schon vor der
Ausgangssperre. Dieser Tonfall entspricht nicht meinem depressiven Charakter,
dem so auffordernd optimistoide Ansagen zuwider sind. „Erhebet die Herzen!“
gefällt mir schon besser, die Aufforderung geht wenigstens in die richtige
Richtung.
Musik hören? Nein, keine Lust. Ich höre lieber die
Waschmaschine unten, die ich gerade in Betrieb gesetzt habe, rotieren. Was mich
wieder aus dem Bett locken könnte, wäre das Internet. Weil ich mein Laptop nie
mit ins Bett nehme. Im Bett ist schlafen, träumen, schauen, lauschen,
schreiben, lesen erlaubt. Aufgewühltes Surren, fast wie im Fieber.
Ein Fiaker fährt aus meinem Traumbild. Ich betrachte seit
langem wieder meine Tiroler Landschaft.
Die Dialoge meiner Traumgestalten kann ich überhaupt nicht
mehr nachvollziehen. Ich muß innerlich lachen, weil mich plötzlich die
Einsamkeit der katholischen Priester rührt, denen ja doch oft das Herz
abgesackt ist und die dann als verschrobene Gestalten leben, oder als bigotte
Fanatiker, oder als hüstelnde Ästhetisierer. Himmelherrgottnocheinmal! Als eine
Karikatur seiner selbst herumzurennen, das geht mich doch schon längst nichts
mehr an! Bevor ich völlig verblödel wäre es besser aufzustehen. Ich werde mich
vom Bett zum Laptop flüchten. Sonst schlafe ich noch bis Allerheiligen durch!
(1.5.2021)
©Peter Alois Rumpf Mai 2021
peteraloisrumpf@gmail.com
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