Donnerstag, 30. Juli 2020

1930 Versickert


Das letzte Abendrot versickert auf den Dächern und Mauern und die Blätter der Bäume saugen es auf. Die Abenddämmerung beginnt. Ein feiner Wind durch das südwestliche Fenster herein und das nordöstliche hinaus bewegt meine schon längst getrocknete Wäsche, die auf Wäscheleinen wie von der Decke hängt. Im Hof werden die Bäume dunkler und schärfer, aber bleiben sanft im Windhauch beim Übergang zur Nacht.

Ich sehe nichts, doch unten gibt es – wie es sich anhört – eine Streiterei.
Kleine lautlose Fliegen tanzen in der noch immer heißen Luft auch hier herinnen herum.

Ein Deckenüberzug fängt als einziger angeregt zu schaukeln an, beruhigt sich, fängt wiederum an, diesmal in Abstimmung mit der bedächtigen Krone des schönen Baumes, dessen häßlichen Namen ich nicht mag.
Auch mir bläst das Lüftchen durch meine vorgebeugte Körperhaltung ermöglicht unter das Leiberl mit „Lieber nicht!“ auf meine heiße Brust.

Ich setze mich näher zum Fenster, wo ich besseres Licht zum Schreiben habe und einen größeren Blick auf den Himmel.
Manche der kleinen Wolkenschwaden leuchten noch rötlich-orange und weiß. Wieder laute Auseinandersetzungen im Hof. Ich kann unten keinen sehen.

Daß für uns Menschen der Übergang zur Nacht nach so vielen Jahrtausenden immer noch so schwer ist, so voller Aufregung.

Die ersten Fledermäuse fliegen auf Jagd. Die Baumkronen zeichnen sich schärfer und schärfer vorm hellen Himmel ab.

Ich gehe zum nordöstlichen Fenster auf der Straßenseite. Hier steht die Luft stickig im Raum. Ich öffne das gekippte Fenster ganz und der Himmel ist noch blau, die wenigen kleinen leichten Wolken rot – andere gibt es hier jetzt nicht.

Unverständliche Gesprächsfetzen steigen von unten herauf. Die Autos sind schon mit Licht unterwegs. Die ersten Fenster leuchten auf.

Ich winke meiner Frau, die ich mit dem Rad daherkommen sehe und gehe ihr entgegen.










(29.7.2020)









©Peter Alois Rumpf,  Juli 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

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