Freitag, 5. Juni 2020

1862 jetzt und in der Stunde unseres Absterbens ...


Ich habe mich über die religiösen Menschen des Mittelalters bis herauf ins 20. Jahrhundert lustig gemacht, die sich manchmal geradezu panisch Sorgen gemacht haben, eine gute Sterbestunde zu bekommen, was in diesem Kontext bedeutet hat, vorher noch alle Sünden bereuen und beichten zu können. Ich habe die Vorstellung (ab einem gewissen Alter) lächerlich gefunden, daß da drüben so ein Zwangsneurotiker und Bürokrat am Richterstuhl sitzt, der einen in den Abgrund schickt, weil man kein Beichtzettelformular dabei hat. Noch dazu, wo sich das mit dem biblischen Bild des Jesus von Nazareth komplett schlägt.

Soeben bin ich jedoch draufgekommen, daß ich mutandis mutatis – und auf jeden Fall entspannter – aber defacto doch etwas ähnliches erhoffe. Zwar glaube ich nicht an einen Oberlehrer da drüben – und angenommen, es würde mich tatsächlich der Jesus Christus zum Richterspruch über mein Leben in Empfang nehmen: der wär mir sicherlich lieber als Richter, denn meine Eltern, die Lehrer, die Türkisen und Neoliberalen, die Nazis sowieso, aber auch lieber als die Linken, lieber als meine Schwestern, sonstige Verwandtschaft, die Bussibussigesellschaft, die Bobos, die Sandler (die gingen vielleicht schon), die Intellektuellen, als Döbereiner und die Döbraniten, die Tüchtigen und Erfolgreichen, die Leistungsträger und sonstige selbsternannte Eliten, die Musikantenstadler, Ischgler und rustikalen Teppen, der Wirtschaftbund und auch die Gewerkschaften und und und ... und lieber als ich selbst als Richter über mein Leben – aber bewußt und nicht blind zu sterben wäre mir schon recht. Ich möchte noch innehalten und mein Leben überblicken können, meine inneren Angelegenheiten ordnen, Abschied nehmen und gefaßt hinüberschreiten und nicht in den Tod stolpern und taumeln (manchmal denke ich mir: das ist viel verlangt, nach einem Leben, wo das Stolpern und Taumeln dominant war).
Aber trotzdem: ich will bewußt hinüber und nicht bumm! Aus! Das oder auch im Schlaf und nichts merken meinen viele, vorallem sich aufgeklärt wähnende Leute (wie meine Eltern es dachten, dass sie seinen) wäre ein guter Tod. Nein, für mich nicht! Das gilt für mich auch, wenn es ins Nichts geht! (Von dem ich bei mir ausgehe. Gilt aber nicht für alle!)

Aber vielleicht ist es sowieso eingerichtet, daß jeder, egal wie er stirbt, im Sterben seinen Lebensfilm anschauen kann, aber sub specie aeternitatis, also unter dem Gesichtspunkt der Ewigkeit, so, daß man, daß ich alle energetischen Strömungen, die von meinen Vorfahren her auf mich gekommen sind (die aufbauenden und die destruktiven), aber auch die, die aus meiner Umgebung auf mich eingewirkt haben und auch alle Wellenbewegungen und Energieströme, die von meinen Gedanken, Worten und Werken ausgegangen sind und die Welt beeinflußt haben, erfassen kann. Daß jeder dieses komplexe Netzwerk intuitiv erfassen und verstehen kann. Ja, dann könnte ich endlich alles verstehen und allen, auch mir selbst, verzeihen. Das wäre am Schönsten. Auch wenn ich dann ins Nichts falle.











(4./5.6.2020)











©Peter Alois Rumpf,  Juni 2020  peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite