Freitag, 4. Oktober 2019

1532 Das Fenster


In der Dunkelheit schwebt das Fenster – nur ganz schwach beleuchtet – wie ein magisches Objekt, kein festes Ding dieser Welt, sondern aus anderer Substanz gesponnen, leicht, filigran, zerfallsanfällig, einer Fata Morgana ähnlich.

Jetzt, gute zwei Stunden später, ist das Fenster wieder ein festes Ding, wie mir zum Beispiel jede Thingversammlung als Repräsentantin des Common Sense zustimmen würde, fest in die dicke Mauer eingebaut, stabil, selbstsicher und zerbrechlich ist nur mehr das flüssige Glas, durch das man schauen kann und durch das das weißliche Licht hereinstrahlt.

Bei mir schaut es anders aus: Selbstsicherheit fehlt mir meist, Stabilität ebenso, und die Festigkeit ist nicht verläßlich, im Rücken spüre ich schon, wie sogleich alles nachgeben wird und sich auflösen und ich in den Schlaf gefallen sein werde.

Oh, mein Bild an der Wand lebt und ich kann wieder etwas völlig Neues in ihm sehen: eine starke Kraft geht im Zick-Zack durch das Bild, ihre Spur ist deutlich sichtbar.
Dieses Bild, das meine Eltern hat sterben sehen und ihre Seelen an ihm vorbeischweben gespürt, ist auch ein Fenster, in die andere Welt.










(4.10.2019)











©Peter Alois Rumpf,  Oktober 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


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