918 Kein Platz für meine Trauer?
Nach dem Aufwachen liege ich ein paar Sekunden friedlich,
dann fällt mir ein, was ich heute zu erledigen mir vorgenommen habe und die Angst
packt mich bis zur Übelkeit. Dabei wird das – ich schätze – eine Arbeit von
zwanzig Minuten sein. Mein System ist wirklich am Ende. Ich will mich meiner
Angst kampflos stellen – bekämpfen will ich sie nicht, nur standhalten. Aber
ein Radio aus dem Lichtschacht nervt und stört mich dabei.
Ich versuche trotzdem mich darauf zu konzentrieren, was in
meinem Inneren vorgeht.
Der Angstknoten sitzt im Bauch, aber manchmal melden sich
auch andere Körperstellen, zum Beispiel mein drittes Auge, indem es dort wurlt.
Die Füße habe ich in die Matratze gepresst – darauf liegt
jetzt meine Aufmerksamkeit: ich habe Boden unter den Füßen, wenn auch einen
weichen, aber es gibt Gottseidank Gegendruck, ich schwebe nicht im leeren Raum.
Meine Aushilfstherapeutin, die Katze, liegt neben mir und
maunzt, daß ich sie streicheln solle – vermutlich denkt sie, daß mir ein wenig
Körperkontakt und Energieentladung gut täte. (Oder glaubt's ihr, sie zieht mir
meine letzte Kraft ab?)
Die Angst hat sich schon einigermaßen aufgelöst; ich brauch'
aber nur an meinen Vorsatz denken, heute endlich – seit Wochen schiebe ich das
hinaus - die paar Formulare auszufüllen, und schon peitscht die Angst wieder
hoch bis zum (leichten) Würgen im Hals. (Mein Gott! So lebe ich schon mein
ganzes Leben!)
Ein paar tiefe, unwillkürliche Atemzüge lindern die Angst
und lassen mich meine Trauer spüren. Die Trauer ist jetzt stärker als die
Angst.
Ich denke an die Formulare und schon ist es umgekehrt. Kein
Platz für meine Trauer?
(11.4.2018)
©Peter Alois Rumpf April
2018 peteraloisrumpf@gmail.com
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