331 Ohne Worte
Ich werde das Bild von den an ihren Zungen an den Tisch
genagelten Frauen nicht los. Mein Onkel hat das getan, der große Bruder meiner
Mutter, von ihr bewundert, zu ihm hat sie aufgeschaut. Jetzt finde ich keine
Ruhe. Ich versuche das Entsetzen wegzuschieben, aber es gelingt nicht wirklich.
Ich ahnte schon, daß er als SS-Mann an Verbrechen beteiligt war, aber das war
abstrakt. Gestern habe ich erfahren, daß dieser Onkel im Rausch öfters von
seinen Untaten geredet hatte. Lange hat es gebraucht, bis diese Geschichte zu
mir durchgekommen ist. Gestern Abend hat sie mich erreicht. Mir war schon ein
paar Stunden vorher schlecht. Und jetzt ist es so, daß ich mich an keinen Tisch
setzen kann, ohne daran zu denken.
Ich wollte mir heute ein Fußballspiel anschauen, aber es
ging nicht; auch mein Onkel war fußballbegeistert.
Er ist schon lange tot.
Manchmal denke ich mir, der Sinn meines Lebens ist nur, es
irgendwie auszuhalten; an Entfaltung, Aufblühen, Gelingen brauche ich gleich
gar nicht denken.
Hier, an dieser Stelle im Text, fehlt ein Satz, so etwas wie: Jesus, Sohn
Davids, erbarme dich unser!
©Peter
Alois Rumpf April
2016
peteraloisrumpf@gmail.com
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