Montag, 8. Oktober 2007

7 Himmelfahrten

Wer im Christentum aufgewachsen ist, dem ist es selbstverständlich, von Jesus gehört zu haben, dass er „in den Himmel aufgefahren“ ist. Und wer katholisch ist, der hat auch schon von der Himmelfahrt Mariens gehört. Freilich sind das „Dinge“, die uns direkt im alltäglichen Leben nichts angehen. Wir fahren von hier aus nicht auf; von uns bleibt ein Leichnam zurück und Himmelfahrt ist etwas für Gottessöhne und auch Maria hat ja eine für uns unzugängliche Spezialrolle im Heilsgeschehen geschenkt bekommen. Das ist also eine „Himmelsmechanik“ (so reden Theologen) nur für Jesus und Maria.

Da gab es in der Antike auch noch die Legende, dass der Evangelist Johannes aufgefahren sei.

Und was steht von Henoch in der Bibel? Von all seinen in dieser Genealogie (Gen 5, 1-32) aufgezählten Vorfahren und Nachkommen heißt es, „X war soundsoviele Jahre alt, da zeugte er Y; (…) die gesamte Lebenszeit des X betrug soundsoviele Jahre, dann starb er.“ Nur bei Henoch heißt es (Gen 5,21-24): „Henoch war 65 Jahre alt, da zeugte er Metuschelach. Nach der Geburt Metuschelachs ging Henoch seinen Weg mit Gott noch 300 Jahre und zeugte Söhne und Töchter. Die gesamte Lebenszeit Henochs betrug 365 Jahre. Henoch war seinen Weg mit Gott gegangen, dann war er nicht mehr da; denn Gott hatte ihn aufgenommen.“

Und über den Propheten Elias steht (2Könige 2,11): „Während sie (Elias und sein Schüler Elischa; P.R.) miteinander gingen und redeten erschien ein feuriger Wagen mit feurigen Pferden und trennte beide voneinander. Elija fuhr im Wirbelsturm zum Himmel empor.“

Er wurde auf Erden nicht mehr gefunden.

Anna Katharina Emmerich sieht in ihren Visionen die Himmelfahrt Jesu so:

„Der Herr wandelte nun gegen Gethsemane und vom Ölgarten aus den Ölberg hinan. (…) Die Menschenmenge folgte wie in Prozessionen auf verschiedenen Wegen rings um den Berg nach; viele drangen durch Hecken und Gartenzäune. Jesus aber ward immer leuchtender und schneller. Die Jünger eilten nach, vermochten aber nicht, ihn einzuholen. Als er auf der Spitze des Berges angekommen war, glänzte er wie ein weißes Sonnenlicht. Vom Himmel senkte sich ein leuchtender Kreis zu ihm, der in Regenbogenfarben schimmerte. (…)

Nun aber strahlte das Licht von oben mit Jesus eigenem Glanz zusammen. Und ich sah seine Sichtbarkeit vom Haupt an in diesem Himmelslicht sich auflösen und wie empor verschwinden. (…) Es war, als ob eine Sonne in die andre, eine Flamme in ein Leuchten eingehe, ein Funke in eine Flamme schwebe. (…) Als ich sein Haupt nicht mehr sehen konnte, unterschied ich seine Füße noch leuchtend, bis er ganz in den Himmelsglanz verschwunden war.“ (A.K.Emmerich, das arme Leben unseres Herrn Jesu Christi; Pattloch Verlag; S 552).

Wir kennen auch aus der Antike die Sagen von den Helden, die als Sterne oder als Sternbild an den Himmel gesetzt wurden und vermutlich werden sich bei den Mythen vieler Völker „Himmelfahrten“ finden lassen.

Auch Carlos Castaneda schildert in seinen Büchern, wie er die „Himmelfahrt“ seines Lehrers Don Juan Matus mit seiner Zauberertruppe erlebt.

Er schildert in ergreifenden Szenen den Abschied der Reisenden von den Bleibenden, wie noch letzte Aufmunterungen, Lehren, Geschenke gegeben werden, wie er noch gebeten wird, das Gedicht „Tod ohne Ende“ von Jose Gorostiza vorzulesen; wie sich die Nagaul-Frau, sein wahres Gegenüber, von ihm verabschiedet:

„Als letzte kam die Nagual-Frau zu mir. Sie setzte sich und nahm mich auf den Schoß, als ob ich ein Kind wäre. Sie verströmte Liebe und Reinheit. Ich war atemlos. Wir standen auf und gingen im Zimmer umher. Wir gingen umher und überdachten unser Schicksal. Unergründliche Kräfte hatten uns bis zu diesem Augenblick der Wende geführt. Meine Ehrfurcht war unermesslich – und auch meine Traurigkeit“ (C. Castaneda, „die Kunst des Pirschens“; S 317).

Und zum Schluß:

„Die Krieger aus Don Juans Trupp hatten mich für einen ewigen Augenblick aufgefangen, bevor sie in das totale Licht verschwanden, bevor der Adler sie passieren ließ. (…) Sie warteten auf Don Juan und Don Genaro. Ich sah, wie Don Juan sich an die Spitze stellte. Dann waren sie nur noch eine Reihe herrlicher Lichter am Himmel. Irgendetwas, es mochte ein Wind sein, ließ die Lichterkette sich winden, sich zusammenziehen und strecken. Am einen Ende, wo Don Juan sich befand, war ein starkes Leuchten. Ich dachte an die gefiederte Schlange der toltekischen Sage, und dann waren die Lichter verschwunden.“ (S 320)

Und da ich Castaneda alle seine Schilderungen glaube (was natürlich nicht viel heißt) und auch alle biblischen Himmelfahrten nicht bezweifeln brauche, gehe ich davon aus, dass das „Eingehen in eine andere Aufmerksamkeit“ (C. Castaneda) mit unserem gesamten Körper (also ohne zurücklassen eines Leichnams) zu dem im Menschen angelegten Möglichkeiten gehört. (Aber dass ich das glaube, sagt gar nicht viel und hat wenig Gewicht; nur ein Seher, der sieht, könnte so etwas bezeugen). Was noch offen ist, ist die Frage, wohin sie „aufgefahren“ sind. Bei Castaneda erzählt sein Lehrer Don Juan Matus, dass in alten Zeiten ganze Städte in die „zweite Aufmerksamkeit“ verschwunden seien; sie selber ziehen es aber vor, in die „dritte Aufmerksamkeit“, die wirkliche Freiheit, zu reisen.

© Peter Rumpf 2007

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