Dienstag, 26. März 2019

1289 Der Natur ist es wurscht


Im schmalen Lichtstreifen, der durch den Spalt in den Vorhängen aus der Nacht draußen hereinfällt, flieht der Schatten der unerleuchteten Deckenlampe wie in Panik und von ungeklärten Wesen gejagd davon, im Augenblick unbeweglich und erstarrt, im Totstellreflex, weil auf der Flucht ertappt.
Die Nacht herinnen ist dunkler. Die Nacht in mir ist finster, ganz finster, aber ich habe dazugelernt.

Hier im hellen Badezimmer, wo ich nun schreibe, beschäftigt mich ein undeutliches Hotelgeräusch, um meine innere Leere nicht wahrnehmen zu müssen. Schade, daß ich nicht im Finstern schreiben kann. „Stay openminded“ steht rechts neben mir auf dem Stoffsackerl mit dem Föhn, das da an der Wand hängt. Langsam klettere ich doch an den steilen, glatten Wänden aus dem Loch des Selbstmitleids heraus, aber noch steht es an der Kippe.

Nocheinmal: schade, daß ich nicht im Finstern schreiben kann.

Ich sitze wieder auf der kalten Loggia und Nachbilder von irgendwelchen Kreisen narren mich. Meine Musik jetzt ist der Morgengesang der Vögel und die – wenn man genau hinhört – eigenartigen Geräusche von einzelnen vorbeifahrenden Autos und dem ferneren Verkehrslärm. Unterlegt und bestätigt von den lauten, selbstbewußten Rufen der vielen Krähen, die immer näher zu kommen scheinen. Eine junge ruft eindringlich ganz nah, als wolle sie mir etwas mitteilen. Eine Botschaft des Universums oder der lebendigen Mutter Erde, wie ich sie immer erhoffe? Keine Ahnung, ich verstehe ja nichts!

Im Osten hinter dem schon noch und nicht mehr blinkendem Rotlicht der Hochhäuser wird es  bereits hell, während die Pappeln vor mir immer noch schwarz in den Himmel ragen. Nicht wenige von denen müssen es sich gefallen lassen, von Misteln ausgesaugt zu werden (müssen sie das wirklich?). Es könnt schon sein, daß auch ich so ein Räuber, ein Schmarotzer bin (der Natur scheint es wurscht zu sein, sonst hätte sie nicht solche Lebewesen hervorgebracht).

Wirklich, nicht nur die Geräusche der Automotoren, sondern auch die der Reifen auf dem Asphalt sind von unerwarteter Komplexität.

Mir wird kalt; ich gehe zurück ins Zimmer.





(24.3.2019)







©Peter Alois Rumpf  März 2019  peteraloisrumpf@gmail.com


0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite