Freitag, 9. Mai 2008

33 Ergänzungen


zum Thema „Nagual“

Naguals nennen die Zauberer der Tradition Castanedas Doppelwesen – Männer und Frauen, die ihre Rolle in der Welt der Zauberer angenommen haben. Es gibt also Doppelwesen und solche Doppelwesen, die zu Sehern weiterentwickelt sind.

Carlos Castaneda, Das Wirken der Unendlichkeit; S 94:

Er (Don Juan Matus; PR) erklärte mir, dass der Anführer einer Gruppe von Zauberern Nagual genannt wurde. Es war ein Begriff, der in jeder Generation einen Zauberer mit einer bestimmten energetischen Struktur bezeichnete, die ihn von den anderen unterschied – nicht im Sinn von Überlegenheit oder Unterlegenheit oder etwas Ähnlichem, sondern nur in Hinblick auf die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen.

„Nur der Nagual“, sagte er, „hat die energetische Fähigkeit, für das Schicksal seiner Gruppe verantwortlich zu sein. (…)“.

Dann erzählt Don Juan von den Naguals vor ihm und sagt (S 98):

Wenn ich versuchte, den Menschen in ihnen (den beiden Naguals vor ihm; PR), den wahren Menschen zu finden, so wie ich den Menschen in meinem Vater, in jedem, den ich kannte, entdecken konnte, fand ich nichts. Anstelle einer wahren Persönlichkeit gab es nur eine Reihe von Geschichten über unbekannte Personen. Jeder der beiden hatte seine eigene Ausstrahlung, aber im Endergebnis kam es auf dasselbe hinaus – Leere. Diese Leere war nicht ein Spiegel der Welt, sondern der Unendlichkeit.“

Don Juan erläuterte mir dann, sobald man eine bestimmte Schwelle der Unendlichkeit entweder bewußt oder wie in meinem Fall unbewußt überschreitet, gehört alles, was einem danach widerfährt, nicht länger ausschließlich der eigenen Sphäre an. Man gelangt in das Reich der Unendlichkeit.

Dieses "Reich der Unendlichkeit" ist wohl dasselbe wie das "Reich des Himmels", um dessen Kommen zu beten uns Jesus von Nazareth im Vaterunser lehrt.


Vergleichen wir auch, was Romano Guardini in seinem Buch „Der Herr“ (Herderbücherei; Band 813) im Vorwort (S XI) schreibt:

Wer es unternimmt, über die Persönlichkeit und das Leben Jesu Christi zu sprechen, muß sich darüber klar sein, was er will, und welche Grenzen hier jedem Wollen gezogen sind.
Er könnte, der Neigung unserer Zeit folgend, eine Psychologie Jesu versuchen, allein die gibt es nicht. Von einem Franziskus von Assisi etwa gibt es eine Psychologie – soweit nicht schon in ihm, dem bloßen Menschen, Jenes beginnt, das über dem Menschen ist, durch das aber doch erst der wahre Mensch im Sinne Gottes begründet wird, (…).
Von Jesus Christus kann man das alles
(gemeint ist Psychologie, die Frage nach den persönlichkeitsformenden Kräften und Wurzeln etc.; PR) nicht, wenigstens nicht über sehr nahe Grenzen hinaus. Versucht man es trotzdem, so zerstört man sein Bild. Denn im Innersten seiner Persönlichkeit steht das Geheimnis des Sohnes Gottes und hebt jede „Psychologie“ auf; (…)
Im Grunde kann man nur eines tun: von immer neuen Ausgangspunkten her zeigen, wie alle Eigenschaften und Wesenszüge dieser Gestalt ins Unbegreifliche münden; in eine
Unbegreiflichkeit freilich, die voll unendlicher Verheißung ist.

Für Romano Guardini wäre es natürlich undenkbar, Jesus Christus neben die Naguals der Tradition Castanedas zu stellen, da er für ihn als (einziger) Sohn Gottes eine besondere und einzigartige Rolle in der Heilsgeschichte einnimmt, aber mir kommt vor, dass hier sehr wohl Parallelen zu erkennen sind und möglicherweise schiebt man - indem man Jesus von Nazareth auf diese Art zum Sohn Gottes erklärt – ihn und die Möglichkeiten, die er uns zeigt, von uns weg und wir haben dann die Ausrede, dass wir keine Söhne Gottes sind und das alles für uns anders ist und nicht gilt (Auferstehung, Himmelfahrt z.B.). Obwohl es auch in der christliche Tradition heißt, „dass uns Gott in Christus den Menschen so gezeigt hat, wie er ihn sich >gedacht< hat".

© Peter Rumpf 2008 peter_rumpf_at@yahoo.de

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