Freitag, 1. Mai 2009

39 Das XY - Gesetz

Romano Guardini schreibt irgendwo von einem Gesetz, das sinngemäß besagt, dass das geistig Höhere sich in der Durchsetzung schwer tut. Ich weiß nicht mehr, wo es steht, ich weiß nicht mehr, wie es heißt – jedenfalls benannt nach dem, der es formuliert hat. Also, auf den Menschen bezogen: je geistig höher der Mensch ist, desto schwerer fällt ihm die Durchsetzung seines Ego oder seines Subjektes. Oder döbranitisch gesprochen: je mehr Nichtdualität jemand repräsentiert, desto weniger Dualität inklusive dualer Durchsetzung, Selbstbehauptung, duale Gerissenheit etc. hat ihm der Himmel mitgegeben. Zu recht, er soll ja das Nichtduale (den Himmel) als Gleichnis in der Welt zur Erscheinung bringen. Also darf und muß er dual „schwach“ sein, sonst käme die Nichtdualität nicht durch.
So ein Gedanke ist in der gegenwärtigen, offiziellen westlichen Welt verpönt. Da geht es nur um Selbstdurchsetzung, optimale Nutzung der Vorteile inklusive Bonuszahlungen für halb bis ganz kriminelle Handlungen, um „du wirst doch nicht so blöd sein…“ etc. Im realen Leben ist es immer auch um diese Sachen gegangen, aber heute gibt es auch auf geistigem Gebiet kein Korrektiv dazu, diese duale Gier ist geil und zu unserem Leitbild, zu unserem „Ideal“ geworden.
Es gibt auch kein Bewusstsein vom Wert des Nicht-Dualen mehr und davon, dass dieses Nichtduale eine Kultur bereichert und ihr Gleichgewicht und Ausgewogenheit schenkt, bzw. sie überhaupt erst begründet.
Das könnte im Osten noch etwas anders zu sein. Zwar hören wir von dort, dass der duale Bereich von ungeschminkter Härte ist und der Lebenskampf nicht ohne, aber im Geistigen, im Bewusstsein scheint die Wertschätzung des Nicht-Dualen noch verankert zu sein. So sagte eine Frau, die selbst aus dem Osten kommt, zu ihrem Bekannten, der plante, eine zeitlang in Moskau zu leben, dass es dort für ihn zu hart sei, denn er sei ein guter Mensch. Darin ist noch die Wertschätzung für das Nicht-Duale ausgedrückt. Auch diese Frau macht sich Sorgen, ob ihr Bekannter in der harten dualen Welt Moskaus zurecht kommt, aber ihre Argumentation verläuft entlang einer anderen Linie. Ich glaube nicht, dass bei uns - spätestens nach dem Nationalsozialismus, allerspätestens nach den 68igern - jemand von einem guten Menschen spricht, wenn er sieht, dass sich einer mit der Dualität schwer tut, eher meint man (bestenfalls), ihn behandeln oder therapieren, jedenfalls aber verändern zu müssen.


© Peter Rumpf 2009 peter_rumpf_at@yahoo.de

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